Erinnerungen sind das einzige „Dorf“, aus dem wir niemals vertrieben werden können.

Besuch im Haus der Geschichte – Lutherstadt Wittenberg

Während wir Menschen älter werden, fühlen wir naturgemäß, dass wir uns seit unserer Kindheit immer weiter von Lebensräumen entfernen, die uns doch so wichtig waren. Der Lauf des Lebens mit politischen Entscheidungen und allen Veränderungen hat uns über all die Jahre im Strom der Zeit einfach mitgenommen. Wertvolle, vorausgegangene Zeiten werden uns häufig erst bewusst, wenn wir uns zum Beispiel bei Wiedersehensveranstaltungen, wie Klassen- oder Familienfesten treffen, und im Gespräch mit: „weißt Du noch, damals?“ ins Schwärmen geraten. Dabei fühlen wir, dass das, was damals als normal empfunden wurde, im Alter eine völlig andere Wertschätzung bekommt.

Ich wurde am 12. August 1955 in Rheine geboren, und erst, seitdem ich mich mit Literatur, historischen Filmen und Besuchen in Museen und Zeitgeschichte beschäftige, habe ich einen enormen Respekt vor die Generation bekommen, die, so wie meine Eltern, vor mir da waren.

Dass 20. Jahrhundert war ein Jahrhundert der Lager und der politischen Gewalt. Der Zusammenhang zwischen den Vertreibungen der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg und den Verbrechen der Nazis ist unbestritten und darf sich niemals wiederholen. So erfahre ich im Gespräch mit Zeitzeugen von Schicksalen, die Menschen ein Leben in sich tragen. Für alle, die niemals einen Krieg erleben mussten, unvorstellbar.

Das Sandmännchen auf meinem Arm ist aus dem Haus der Geschichte in Lutherstadt Wittenberg. Es ging mit auf die Reise nach Rheine, für die Metropoli Ausstellung im „Kino für kleine Leute“.

Mit dem Bau der Mauer zwischen Ost- und Westdeutschland wurden im geteilten Deutschland Familien bis 1989 über 40 Jahre getrennt, und ich fragte mich immer, wie war das Leben in der DDR, während hier im Westen mein zu Hause war.

Während eines Aufenthaltes in der Lutherstadt Wittenberg im September dieses Jahres stand ich zufällig vor einem sehr interessant dekoriertem Schaufenster, an dem ich nicht vorbei gehen konnte.
Viele Dinge längst vergangener Zeiten waren dort ausgestellt. Unter anderem ein Sandmännchen in original Größe, welches mich an meine Zeit Anfang der 1960er Jahre erinnerte. Über dem Hauseingang las ich „HAUS DER GESCHICHTE“. Wissbegierig ging ich in das Gebäude. Ich wurde spontan freundlich begrüßt und kam aus dem Staunen nicht heraus. Ich stand inmitten deutscher Alltagsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Meine Begeisterung war nicht zu verbergen, und so wurde ich vom Personal auf eine Zeitreise durch authentisch eingerichtete Wohnräume ab den 1920er Jahren entführt. Ein Kindergarten mit zugehöriger Spielzeugsammlung, eine Küche wie damals zu Hause, ein Bad mit Kohleofen, eine Wohnstube die mich daran erinnerte, dass wir zu Hause diese nur am Wochenende benutzen durften oder wenn Besuch kam. Auch eine Tanzbar als Treffunkt und Gaststätte war eingerichtet, sowie ein Konsum, in dem Bonbons früher aus einem Bonbon-Glas einzeln abgezählt wurden. Auch die Zeit des Konzepts der DDR mit Militär und Grenzverlauf zum Westen, sind hier im Haus der Geschichte zu erleben.

Ich möchte an dieser Stelle Frau Dr. Christel Panzig mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die freundschaftliche Unterhaltung danken, und dafür, dass wir uns versprochen haben weiter in Kontakt zu bleiben.

Frau Dr. Christel Panzig ist mit Ihrem Team und allen die sie unterstützen weiterhin viel Erfolg zu wünschen. Sie haben in der Lutherstadt Wittenberg ein Haus der Geschichte, das Andere nicht haben. Aus Geschichte lernen ist unverzichtbar.

Mehr zum Haus der Geschichte in der Lutherstadt Wittenberg erfahren Sie im Internet unter www.pflug-ev.de

Seit der Wende, und seitdem Helmut Kohl am 21. April 1998 die Lutherstadt Wittenberg besuchte, wurde hier durch Fleiß und durch das Zusammenwachsen zwischen Ost und West viel geschafft. Lasst uns heute am 03. Oktober 2017 die Wiedervereinigung feiern, so wie jeden anderen Tag auch, für ein gemeinsames Deutschland und für den Frieden. >H. Schulte<

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